Strategie, Kultur, Prinzipien, Methoden, Change… ?
„Wir betrachten lediglich die Zeitspanne vom Moment, in dem der Kunden seine Bestellung einreicht, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Bezahlung erhalten. Und wir verkleinern
diese Zeitspanne, indem wir alle nicht wertschöpfenden Verschwendungen eliminieren.“
(Taiichi Ohno, damals Produktionsleiter der Toyota Motor Corporation)
„Lean ist eine Strategie zur Erreichung operationaler Exzellenz basierend auf klar definierten Werten unter Einbindung von Menschen in die kontinuierliche Verbesserung von Sicherheit, Moral, Qualität, Kosten und Produktivität.“
(Jeffrey K. Liker, Developing Leaders At All Levels)
Eine Änderung wird immer von Störungen begleitet. Je größer die Änderung, je größer sind wahrscheinlich die zu erwartenden Störungen. Prof. Dr. Peter Kruse nennt in seinem „Buch „Erfolgreiches Management von Instabilität“ 5 Leitfragen die Notwendigkeit eines Wechsels zu bewerten:
Wenn eine Optimierung des bestehenden Systems ausreicht, um das gewünschte Ziel zu erreichen, sollte ein Systemwechsel vermieden werden.
Am MIT fand Anfang 1985 eine Veranstaltung statt, nach der die Gründung eines Programms zur weltweiten Untersuchung der Automobilfertigung – des IMVP (International Motor Vehicle Program) - erfolgte. Daniel Roos war Direktor des neu gegründeten Center for Technology, Policy and Industrial Development geworden. Das Center hatte eine breite Aufgabenstellung: über die konventionelle Forschung herauszugehen und sollte erforschen, welche fundamentalen Kräfte des industriellen Wandels vor dem Hintergrund von Industrie-, Regierungs- und Universitätsinteraktionen auf internationaler Basis wirken. Der Prozess der Politikgestaltung im Umgang mit dem Wechsel sollte verbessert werden. Ergebnis des Projektes war auch das Buch „The Machine That Changed The World“ von James P. Womack, Daniel T. Jones und Daniel Roos.
Am Projekt beteiligt war John Krafcik, der den Begriff „lean“ geprägt hat, da es weniger von allem verglichen mit der Massenproduktion benötigte: den halben menschlichen Aufwand, die halbe Fertigungsfläche, die Hälfte der Investitionen in Werkzeuge, die halben Engineering-Stunden zur Entwicklung eines neuen Produktes in der Hälfte der Zeit. Auch benötigte es weit weniger als die Hälfte des Bestandes vor Ort, produzierte weniger Defekte und eine zunehmende Variantenvielfalt an Produkten.
Die Geschichte des Lean Manufacturing begann mit Handwerkern vor der industriellen Revolution, als standardisierte, austauschbare Produkte noch nicht verfügbar waren, um große Produktionsserien zu ermöglichen. Erst als Henry Ford die Massenproduktion für seine Automobile perfektionierte, ermöglichte dies mit minimal ausgebildeten Arbeitern, Autos schnell und effizient zusammenzubauen. Der japanische Autohersteller Toyota modifizierte den Prozess in die erste wahre „schlanke“ Produktionsweise. Toyota war in der Lage, einen Großteil des Systems von Ford und seiner inhärenten Verschwendung zu eliminieren und kleinere Lose von Teilen je nach Kundenbedarf schnell zu fertigen, anstatt größere Mengen zu lagern. Toyota befähigte seine Mitarbeiter, den Prozess zu verbessern und die Linie zu stoppen, wenn Probleme und Fehler auftraten. Diese neue, schlanke Methode erforderte eine Kommunikation in beide Richtungen und erhöhte Qualität bei gleichzeitiger Reduzierung von Zeit und Kosten.
Unzählige Bücher sind inzwischen über Lean-Prinzipien, Methoden und Werkzeuge geschrieben worden. Toyota selbst hat erst sehr spät das TPS-House sowie 2001 ein modifiziertes House des Toyota-Way 2001 beschrieben. Inzwischen gibt es viele Modelle und Vertreter verschiedener Ansichten, wie Lean ein-/umzusetzen ist.
Lean ist aber kein Universalwerkzeug, sondern muss auf den individuellen Markt, die Zulieferkette, das Produkt- oder Dienstleistungsportfolio, die Vertriebswege und die Unternehmenssituation angepasst werden.
Ein „One-Size-Fits-All“ Lean-Assessment, Konferenzraum-Schulungen, Standardmaterial zum Download etc. wird daher sicher allein nicht funktionieren.
Die beiden Säulen mit denen Lean funktionieren kann werden im Toyota-Way 2001 beschrieben: Kontinuierliche Verbesserung und Respekt für Menschen. Basis der Säulen sind Herausforderung – um Verbesserungen zu erzielen müssen wir die Comfort-Zone verlassen, Kaizen – wir müssen lernen und lehren wollen, Genchi Genbutsu – am Ort des Geschehens, Respekt – objektiv nach Verbesserungen suchen, Teamarbeit – alle gemeinsam.
Diese Prinzipien müssen dauerhaft von der Geschäftsführung aktiv unterstützt werden, sodass Lean nachhaltig gelebt wird nach dem Motto: Heute besser zu sein als wir gestern waren. Die Bedeutung der Mitarbeiterführung ist eine (die?) Hauptantriebskraft einer Lean-Entwicklung. Prof. Dr. Jeffrey K. Liker (MIT) hat hierzu 2014 ein mit dem Shingo-Price ausgezeichnetes Buch „Developing Lean Leaders At All Levels“ geschrieben, was er eindrucksvoll zusammenfasst. – Siehe Download.
Dieses Buch integriert die drei wichtigsten Lehren in der Service-Landschaft der letzten Zeit: Lean Thinking, Design Thinking und Systems Thinking. Zusammen formen sie die Basis für Service und administrative Prozesse der Zukunft. Es ist die deutsche Übersetzung des Bestsellers „The Service Systems Toolbox“ veröffentlicht 2012. Diese übersetzte Ausgabe wurde überarbeitet und erweitert.
Es hat viele Lean-Entwicklungen seit dieser Zeit im Gesundheitswesen, in der Regierung, im Büro und in administrativen Umgebungen gegeben. Während die Vorteile von Lean-Thinking zunehmend realisiert wurden, gab es auch die Erkenntnis, der Grenzen der Anwendbarkeit von Produktions-Lean-Konzepten, die auf den Service übertragen wurden.
Die System-Lehre, von der einige Methoden bereits Jahrzehnte alt sind, wurde wiederentdeckt und für die Anwendung im Service-Kontext angepasst. Design-Thinking hat sich ebenso aus
erfolgreichen Unternehmen in der Service-Umgebung etabliert.
Die Ansätze und die am sinnvollsten nutzbaren Werkzeuge aus den verschiedenen Disziplinen wurden in diesem Buch zusammengefasst. Es baut auf etablierter Theorie, sowie auf Fallstudien, Forschung und Beratungsarbeit durch den Autor zusammen mit dem Lean Enterprise Research Centre der Cardiff Business School und der University of Buckingham, auf.
Alle Prinzipien und Werkzeuge wurden ausgiebig diskutiert, getestet, überarbeitet, modifiziert und in verschiedenen Anwendungsbereichen aller vier Typen des Service angewandt.
John Bicheno war Direktor des Master Studiengangs in Lean Operations (sowohl für die Produktion wie für den Service) am Lean Enterprise Research Centre (LERC) der Cardiff Business School. Er war der erste in der Welt, der sich komplett Lean widmete und ein signifikanter Teil wurde durch Schulungen vor Ort in Produktions- und Service-Unternehmen durchgeführt.
John Bicheno ist heute Professor des Lean Enterprise an der Universität Buckingham und ist darüber hinaus in Dänemark, Belgien und Südafrika tätig. Er war Mentor und Trainer vor Ort - am Gemba - in Unternehmen.